Union und SPD haben am Mittwoch den Koalitionsvertrag vorgestellt, in dem sie ihre Vorhaben für die gemeinsame Regierung festhalten. In dem umfangreichen Schriftstück steckt einiges Gutes drin, gerade aus sozialpolitischer Sicht klaffen aber auch gravierende Lücken. In einer ersten Reaktion begrüßt die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier, dass der Koalitionsvertrag nun steht und die Regierung bald ihre Arbeit aufnehmen kann. Putins Ukrainekrieg, Trumps Zollpolitik, eine drohende wirtschaftliche Abwärtsspirale und die Gefährdung der Demokratie seien bedeutende Herausforderungen
Zugleich kritisiert sie, dass gerade in der Sozialpolitik vieles noch unsicher sei, oder nicht mutig angegangen werde: „Hier wird deutlich, dass auf einigen Feldern die Entscheidungen vertagt werden, anderen nötige Reformen nicht angepackt werden oder dringend erforderliche Sofortmaßnahmen ausbleiben. Unklar bleibt an manchen Stellen, wie die milliardenschweren Projekte gegenfinanziert werden sollen oder ob überhaupt Geld da sein wird, um sie anzugehen. Hier hätten wir uns mehr Mut gewünscht“, so Engelmeier.
Sicheres Rentenniveau bis 2031
Der SoVD hat zu seinen Kernanliegen im Koalitionsvertrag Stellung bezogen. Dabei lobt er ausdrücklich den bei der Rente gefundenen Kompromiss, wonach Selbstständige, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem zugeordnet sind, gründerfreundlich in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Das beugt Altersarmut in dieser Gruppe vor und ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung Erwerbstätigenversicherung. Der SoVD begrüßt außerdem, dass das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent stabilisiert werden soll. Er wird sich dennoch weiterhin für ein dauerhaftes Sicherungsniveau von 53 Prozent einsetzen. Mit der Ausweitung der Mütterrente wird eine SoVD-Forderung umgesetzt. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass die Finanzierung aus Steuermitteln erfolgen soll.
Der SoVD setzt sich für einen deutlich höheren Mindestlohn ein. Insofern lobt er, dass beim Mindestlohn die rasche Erhöhung auf 15 Euro Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hat, auch wenn es sich hierbei lediglich um eine Perspektive und keine gesetzliche Vorgabe handelt.
Konkrete Vorschläge bei Gesundheit und Pflege fehlen
Kritisch äußert der SoVD sich zur Gesundheitspolitik. Hier fehlen Maßnahmen, wie der Anstieg der Krankenkassenbeiträge gestoppt werden kann. Gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe betonte Michaela Engelmeier: „Keine Rede von konkreten, kurzfristigen Schritten zur Stabilisierung der Beitragssätze. Das ist zu wenig, hierum muss sich die Koalition nun dringend schneller in der täglichen Regierungsarbeit kümmern.“ Auch bei der Pflege wird zwar eine Reform angekündigt, inhaltliche Zusagen fehlen aber.
Positiv ist dagegen, dass der Bund künftig den bisher für die Gesetzliche Krankenversicherung vorgesehenen Anteil für den Transformationsfonds für Krankenhäuser übernimmt und dies aus dem Sondervermögen Infrastruktur finanziert. Damit folgt die kommende Bundesregierung dem SoVD, der eine Zweckentfremdung von Beitragsgeldern zur hälftigen Finanzierung des Transformationsfonds von bis zu 25 Milliarden Euro von Anfang an scharf kritisiert hat.
Der SoVD unterstreicht, dass bei der sozialen Sicherung nicht gespart werden dürfe. Für den Verband ist es deshalb eine gute Nachricht, dass im Koalitionsvertrag wurde vereinbart wurde, die soziale Sicherung zu reformieren und zugänglicher zu gestalten. Wichtig ist dabei, dass das Versprechen, das soziale Schutzniveau zu bewahren, auch wirklich konsequent eingehalten wird.
Verlängerung der Mietpreisbremse
Hervorzuheben ist auch, dass Union und SPD die Krisensituation am Wohnungsmarkt erkannt haben. Im Koalitionsvertrag werden endlich Maßnahmen gegen rechtswidrige Mietpreisüberhöhungen in Aussicht gestellt. Außerdem soll die Mietpreisbremse um vier Jahre verlängert und Kurzzeitvermietung sowie Indexklauseln besser reguliert werden. Positiv sind auch die geplanten höheren Investitionen in den Bau von Sozialwohnungen.
In der Familienpolitik wird mit der Weiterentwicklung des Elterngeldes eine Forderung des SoVD umgesetzt. Für den Verband ist eine Erhöhung des Elterngeldes – gerade für Familien, die wenig haben – überfällig. Der SoVD spricht sich für die Erhöhung des Elterngeldes auf 80 Prozent des entgangenen Nettoeinkommens aus, wenn beide Eltern zu gleichen Teilen Elterngeld und Elternzeit beantragen und in Anspruch nehmen. Zudem gab es seit 18 Jahren keine Änderungen beim Elterngeld; eine gesetzlich verankerte Dynamisierung ist notwendig und es muss jährlich angepasst werden.
SoVD: “Stehen als Ansprechpartner bereit”
Der SoVD wird die Arbeit der Regierung kritisch begleiten und für die Interessen seiner Mitglieder eintreten. Michaela Engelmeier gibt den Koalitionären auf den Weg: „Ganz Deutschland wartet darauf, dass der sachpolitische Stillstand der letzten Wochen beendet wird und die vielen Probleme aus den letzten Jahrzehnten nun nachhaltig angepackt werden. Gerade das Soziale darf nicht aus den Augen verloren werden, um der Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken. Vor der neuen Bundesregierung liegt viel Arbeit, der SoVD steht mit seiner Expertise in sozialen Fragen als Ansprechpartner bereit.“