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Helfer auf vier Pfoten für mehr Freiheit

Assistenzhunde verhelfen Menschen mit Handicap zu mehr Unabhängigkeit, Sicherheit, Mobilität und Teilhabe. Aber in Deutschland sind sie fast unbekannt. Der Bereich Assistenz durch Hunde ist auch strukturell bis auf den Blindenhund völlig ungeregelt. „Pfotenpiloten e. V.“ will das ändern und Akzeptanz und Grundlagen schaffen – national und international.

Mann im Rollsuthl lässt sich von seinem Hund seine Mütze bringen.
Assistenzhündin Rieke ist Herrchen Jens Schmidt eine große Hilfe im Alltag. Hier reicht sie ihm seine Mütze. Foto: Aktion Mensch

Als Roswitha Warda die gemeinnützige und unabhängige Organisation „Pfotenpiloten“ gründete, war ihr nicht klar, was für eine Mammutarbeit damit auf sie zukommen würde. Während ihres Aufenthalts in den USA hatte sie erlebt, wie gut und wichtig Assistenzhunde für Menschen mit Behinderungen sein können. Zurück in Deutschland ließ sich ihre Tochter zur Blindenführhund-Trainerin ausbilden. Dadurch stellte Roswitha Warda fest, dass in Deutschland selbst grundlegende Strukturen im Assistenzhunde-Bereich fehlen.

Abgesehen von Blindenhunden waren und sind Hunde als Helfer für Menschen mit anderen Handicaps wie zum Beispiel Traumabelastung, Diabetes oder Hörbehinderung weitgehend unbekannt.   „Wir haben eine Ausstellung aufgebaut mit Aktion Mensch. Von zehn Leuten, die reinkommen, wissen acht davon nichts“, resümiert Roswitha Warda.

Wer einen Assistenzhund möchte, muss selbst dafür zahlen und bei der „Anschaffung“ auf Glück hoffen: Die Ausbildung der Hunde und ihrer Ausbilder*innen ist nicht geregelt, es gibt keine einheitlichen Qualitätsnormen. Selbst die Kenndecken und Abzeichen der Assistenzhunde sind oft Marke Eigenbau.

Die „Pfotenpiloten“-Gründerin sagt dazu: „Gerade im Assistenzhundebereich, wo die Leute keine Förderung haben, wo sie extreme Entbehrungen auf sich nehmen, um so ein Tier zu bekommen,  darf es nicht sein, dass man sich auf sein Bauchgefühl verlassen muss, weil es keine Strukturen gibt.“

Kampagne "Assistenzhund willkommen"

In vielen anderen europäischen Ländern sieht es auch nicht viel besser aus als in Deutschland, während etwa Großbritannien schon seit Jahren viel besser aufgestellt ist. Roswitha Warda weiß: „Der englischsprachige Raum ist uns um 20 Jahre voraus.“

Angesichts der geringen Zahl von Assistenzhunden in Deutschland (geschätzt 500 bis 1.000) und im gesamten Europa war Roswitha Warda klar, dass von staatlicher Seite kein dringender Handlungsbedarf besteht. Daher beschloss sie tatkräftig, die Sache selbst anzugehen, indem sie „Pfotenpiloten e. V.“ gründete.

„Pfotenpiloten“ arbeitet mithilfe von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, Mitgliedern und Unterstützer*innen seit fünf Jahren an vielen Baustellen:

Die Öffentlichkeit soll über das Thema Assistenzhunde aufgeklärt werden, mit der Kampagne „Assistenzhund willkommen“ (die noch bis  2021 läuft) können Geschäfte und Einrichtungen mit Aufklebern signalisieren, dass Assistenzhunden der Zutritt erlaubt ist. Die Angst von Geschäftsinhaber*innen und Kund*innen, dass die Anwesenheit eines Assistenzhundes unhygienisch ist, kann „Pfotenpiloten“ mit Schreiben qualifizierter Expert*innen entkräften: Ein gut ausgebildeter Assistenzhund sei nicht unhygienischer als ein Mensch in Straßenkleidung.

Internationale Partnerschaften

Auf europäischer Ebene sollen Qualitätsrichtlinien für die Ausbildung erstellt werden, die „Stiftung Assistenzhund“ will Assistenzhunde-Teams zertifizieren. Damit soll eine transparente, einfache und unabhängige Bewertungsstelle geschaffen werden, die allen mehr Sicherheit gibt.  An den technischen und inhaltlichen Voraussetzungen für eine Video-Evaluierung wird bereits gearbeitet.

Von „Pfotenpiloten“ anerkannte Teams sollen in Zukunft von einer Telefon-Hotline unterstützt und gezielt gefördert werden.

Der Verein bemüht sich außerdem um wissenschaftliche Studien, um zum Beispiel die positiven Auswirkungen von Assistenzhunden nachzuweisen.

„Pfotenpiloten“ baut nationale und internationale Partnerschaften für das Konzept Assistenzhund auf. Denn auf nationaler Ebene ist die Zahl der Betroffenen zu klein, um Gewicht zu erhalten.

Bereits Gespräche mit dem Ministerium

Auch politisch bringt sich „Pfotenpiloten“ ein: Im Oktober 2019 wurden erste Gespräche mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zum geplanten Assistenzhundegesetz geführt, das unter anderem die Rechte von Assistenzhunden und -Halter*innen regeln soll. Leider hat seit dem Frühjahr Corona alle anderen Themen in die Warteschleife geschoben. Roswitha Warda befürchtet, dass es in dieser Legislaturperiode vielleicht nicht mehr klappen könnte mit dem Gesetz.

Finanziert werden die „Pfotenpiloten“ und ihre Projekte unter anderem durch das BMAS, Lotterien, Mitgliedsbeiträge, Förderer und Spenden.

Die Aufgaben, die sich der Verein gestellt hat, sind immens und langwierig. Daher hofft Initiatorin und Gründerin Roswitha Warda für die Zukunft auf eine dauerhafte Unterstützung durch Sozialträger und auf Spenden. 

Info:

www.pfotenpiloten.de